Mit Erika Schuster ist eine der profiliertesten Erwachsenenbildnerinnen von uns gegangen. Mit wachem Geist und großem Gottvertrauen hat sie die Katholische Erwachsenenbildung geprägt und im katholischen Bildungswerk als Vorstandsmitglied und als Vorsitzende wesentlich zur Entwicklung zu einem eigenständigen Verein beigetragen. Ihr Wirken reichte weit über unsere Diözese hinaus, sie war auch Präsidentin der Europäischen Föderation der Katholischen Erwachsenenbildung Europas. Erika Schuster initiierte einen Fernkurs für Literatur für den gesamten deutschen Sprachraum, sie engagierte sich als Herausgeberin und Journalistin. Sie starb am 28. Oktober 2024 im 85. Lebensjahr in Krems.
Begonnen hatte Erika Schusters Wirken nach dem Studium der Deutschen Philologie und Geschichte als Lehrerin am heutigen Mary-Ward-Gymnasium in St. Pölten, wo sie 22 Jahre lang unterrichtete.
Bereits ab 1970 widmete sie sich dann der Erwachsenenbildung. Bildung war für sie der Auftrag, Menschen auf ihrem Lebens- und Glaubensweg zu begleiten und zu stärken – ein Auftrag, der sie bis zuletzt umtrieb und aus dem heraus sie manche kirchliche Entwicklungen auch sehr kritisch sah.
Sie hielt bis an ihr Lebensende internationale Kontakte mit Freunden aus der Erwachsenenbildung und erhielt im Jahr 2000 den Würdigungspreis des Landes Niederösterreich für Erwachsenenbildung. Wir werden sie vermissen.
kbw TEAM
Erika Schuster – ein Leben für die Bildung
In einem Artikel zu 60 Jahre Antwortversuche des Katholischen Bildungswerks zu existentiellen Fragen von Menschen, Gesellschaft und Kirche schrieb Erika: „Der geistesgeschichtliche Diskurs, der mich jetzt von den Anfängen des Katholischen Bildungswerks bis in die Gegenwart geführt hat, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit, durfte ich doch etwas mehr als 4 Jahrzehnte in dieser Bildungslebenswelt so vielen Menschen begegnen, so vieles erfahren und unendlich viel lernen.“
Für Erika war ein grundlegendes Bildungsziel: “Die katholische Erwachsenenbildung muss die Sehnsucht nach dem Unverfügbaren, das sich jedem Menschen entzieht, in den Menschen wachhalten. Ihr Bezug auf unseren letzten Grund in Gott muss in allen ihren Maßnahmen aufleuchten. Dann ist sie ein Ort in Geistes/Gottes Gegenwart!“
Erika hatte viele persönliche Ziele, u.a. indem sie von der Frau Professorin auf Literaturfachfrau umsattelte und täglich von Krems in das Literarische Forum am Stephansplatz in Wien pendelte, erreicht.
Ich durfte mit Erika in den 1980er Jahren einige mehrtägige Seminare in einer kirchlichen und KBW- Aufbruchstimmung erleben, welche FX Kerschbaumer als Vorsitzender verantwortete. Sie gehörte einige Perioden dem Vorstand an. Der überraschende Rücktritt von FX Kerschbaumer hat beim KBW kein Vakuum ausgelöst, da Erika spontan den Vorsitz bis zur nächsten Wahl übernahm.
Die Absicht von Bischof Krenn, das KBW aus der Katholischen Aktion herauszulösen und enger an das Pastoralamt zu binden, traf uns – ich war in der Zwischenzeit Vorsitzender, hart. In geschickten Verhandlungen mit dem Herrn Bischof gelang es, das KBW nicht enger an den Klerus zu binden, sondern einen Weg in die Freiheit – nämlich als staatlich und kirchlich anerkannten Verein „Katholisches Bildungswerk der Diözese St. Pölten“ zu erreichen. Erika spielte dabei durch ihre besten Kenntnisse des innerkirchlichen Systems eine Schlüsselrolle. Es war auch die Zeit, wo ich Erika einige Male in Krems in ihrem „Forsthaus“ - ihr Vater war Förster- besuchen konnte, um die Statuten des Vereins und die Vereinbarung des Vereins mit der Diözese formulierend vorzubereiten.
Von 2002 bis 2022 blühte der Verein Katholisches Bildungswerk auf. Vielen Menschen konnte durch Bildung geholfen werden und durch permanentes Dranbleiben an Themen wurde auch Wirkung erzielt. Die Jahresberichte und die bestens besuchten Jahrestagungen geben darüber Auskunft.
Daß Erika nicht mehr unter uns ist stimmt uns traurig. Sie hat uns aber für die Zukunft viel geschenkt, denn sie war in ihrem kirchlichen Engagement beispielgebend. Bei der Gründung des Vereins "Katholischen Bildungswerk der Diözese St. Pölten" war sie pionierhaft engagiert. Sie wollte eine starke Erwachsenenbildung, getragen von Laien mit einer einfachen, kooperativen Anbindung an die klerikale Kirche.
Josef Resch, Bildungswerkleiter, Vorstandsmitglied
Dr. Erika Schuster – eine vielseitige Persönlichkeit
Dr. Erika Schuster, Germanistin und Historikerin, Lehrerin und Erwachsenenbildnerin, Literaturvermittlerin und Sängerin, Führungspersönlichkeit und kritische Christin, ist nach schwerer Krankheit am 28.10.2024 in Krems verstorben.
Um ihrer vielseitigen Persönlichkeit gerecht zu werden, sind biografische Einblicke erforderlich:
- Erika Schuster, geb. 4.4.1940, wuchs in Krems-Weinzierl auf, ihr Vater starb früh, ihre Mutter ermöglichte ihr die Matura an der Lehrerinnenbildungsanstalt der Englischen Fräulein Krems und das Deutsch- und Geschichte-Studium in Wien, das Erika mit dem Doktorat 1964 abschloss.
- Ihr Elternhaus steht im Kremser Stadtteil Weinzierl, einem alten Winzerort. Das aktive Pfarrmitglied Erika Schuster war von Anfang an beteiligt an der Gründung der Pfarre Krems- St. Paul (1974), blieb jedoch zeitlebens der Kirchenmusik von Krems-St. Veit und dem Chor Musica Sacra eng verbunden. Sie war nicht nur Gründungsmitglied des Chores, sondern auch Sopranistin in vielen Solo-Auftritten.
- 22 Jahre lang unterrichtete Prof. Schuster am Musisch-pädagogischen Gymnasium der Englischen Fräulein (früher LBA, heute privates Mary Ward-ORG), entsprechend dem Auftrag Mary Wards, sich der Erziehung, Bildung, Werthaltung und dem Selbstbewusstsein junger Mädchen und Frauen zu widmen. Eine Zeitlang unterrichtete Erika Schuster auch an der Pädagogischen Akademie in Krems in der Hauptschullehrer-Ausbildung, vor allem Literatur des 20. Jahrhunderts.
- Das glühende Interesse für Literatur bewog sie schließlich, den Lehrberuf zugunsten der Leitung des „Literarischen Forums“ der Kath. Aktion in Wien aufzugeben. Sie vermittelte fortan ihre einmaligen Kenntnisse und die ausgeprägte Leidenschaft für Literatur in der Erwachsenenbildung, z. B. in Fernkursen, Vorträgen und Seminaren. Zahllose Bücher wurden von ihr rezipiert und besprochen, unzählige Lesetipps vermittelt, viele Leserinnen und Leser mit Begeisterung angesteckt.
- In der Diözese war Erika schon als junge Studentin in der KSJ (Kath. Studierende Jugend), später im KAV (Kath. Akademikerverband, heute „Kirche aus Verantwortung“) aktiv. Sie war mitverantwortlich für die vierte St. Pöltener Diözesansynode 1972, die ganz vom Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils geprägt war. Die damit verbundene Aufbruchsstimmung bewegte auch Erika Schuster; als Frau in der Kirche sah sie zu ihrer Zeit viele Möglichkeiten des sinnvollen Engagements und engagierte sich in Pfarre und Diözese, hauptamtlich und ehrenamtlich. So war sie bis ins Alter hinein auch Mitglied des diözesanen Pressvereins. Allerdings konnte sie ab den 1980er-Jahren nicht mehr alle Entwicklungen in der Diözese nachvollziehen und stand manchen Entscheidungen skeptisch gegenüber.
- Als Vorstandsmitglied des Kath. Bildungswerks der Diözese St. Pölten war Erika Schuster lange Zeit aktiv. Die Erwachsenenbildung auf diözesaner und auf Österreich-Ebene gewann in ihrem beruflichen und persönlichen Leben immer größere Bedeutung. 2002 wurde sie Präsidentin der europäischen Föderation für kath. Erwachsenenbildung (FEECA).
- Kennzeichnend für ihr Engagement war auch die Mitbegründung des Frau Ava-Literaturpreises (2002): Dieser Preis zum Andenken an die erste deutsche Dichterin, die in einer Klause am Fuß des Göttweiger Berges lebte, wuchs weit über eine regionale Initiative hinaus und fördert bis heute Erstlingswerke von Autorinnen in deutscher Sprache. Erika koordinierte die Jury und hielt zahlreiche Laudationes.
- Schließlich erhielt sie für ihr Wirken auch verschiedene Auszeichnungen, u. a. 2000 den Würdigungspreis des Landes NÖ für Erwachsenenbildung und 2012 aus der Hand von Kardinal Schönborn den päpstlichen Silvesterorden.
Erika Schuster wurde am 6.11.2024 am Kremser Friedhof im Beisein ihrer Familie, zahlreicher Freunde, Freundinnen, ehemaliger Kollegen, Kolleginnen und Schülerinnen sowie geistlicher Wegbegleiter (Pfarre Helmut Buchecker, ehem. Generalvikar Eduard Gruber, P. Udo Fischer) beigesetzt.
Sie möge in unseren Herzen und am unvergänglichen Tisch des Wortes und des Brotes weiterleben!
Charlotte Ennser, Arbeitskollegin